Reise
Reise

Das Wallis: Berge und kunstvolle Höhepunkte

Im drittgrößten Schweizer Kanton Wallis liegt das berühmte Matterhorn. Darüber hinaus gibt es in der Alpenregion geschichtsträchtige Bauten, eine ausgeprägte Weinkultur und versteckte Kunstschätze zu entdecken. 
Text Uwe Killing
Datum19.09.2023

Matterhorn – das Meisterwerk

Auf dem Weg zu einer Legende: Wir starten in Zermatt, um mit der Gornergrat Bahn aufs Gipfelplateau des 3089 Meter hohen Gornergrats zu gelangen. Im Rundblick lassen sich hier steinerne Monumente bewundern. Vom Liskamm bis zum Monte Rosa. Doch der eindeutige Star ist das freistehende Matterhorn.

Jubiläum: Seit 125 Jahren fährt die Gornergrat Bahn von Zermatt hinauf zum Gornergrat

Dessen Südseite befindet sich auf italienischem Gebiet, der größere Brocken im Kanton Wallis (wo sich allein 45 der insgesamt 48 Viertausender-Gipfel der Schweiz befinden). Von Le Corbusier stammt das Zitat, die Dolomiten seien "das schönste natürliche Bauwerk der Welt". Im Geburtsland des Architektur-Modernisierers stellt das Matterhorn ein vergleichbares, vor 45 Millionen mit Urgewalten errichtetes Naturbauwerk dar. Die 4478 Meter hohe Pyramide ist ein erstarrter Faltenwurf, bei dem Meeresboden, angereichert mit Vulkangestein, nach oben gedrückt wurde.

Der meistfotografierte Berg der Welt, ein Walliser Naturbauwerk: das Matterhorn.

Vor 125 Jahren nahm die Gornergrat Bahn ihren Betrieb auf. Fast genauso lang thront auf dem Berg das Kulmhotel Gornergrat. Das 1910 eröffnete, höchstgelegene Schweizer Alpenhotel mit seinen mittelalterlich anmutenden Türmen entsprach dem Zeitgeist des Ende des 19. Jahrhunderts einsetzenden Berg-Tourismus, der wohlhabenden Abenteurern vorbehalten war. Heute befindet sich neben dem Hotel die Erlebniswelt "ZOOOM the Matterhorn". 

Auf die Türme des Kulmhotels wurden Anfang der 1960er-Jahre zwei Stahlkuppeln gesetzt, um dort eine Sternwarte einzurichten. Wer in einer der Suiten übernachtet, blickt nach Abzug der Matterhorn-Tagestouristen in einen magischen Nachthimmel. Bis zu 4000 Sterne funkeln am Gornergrat in reiner, trockener Höhenluft. 

Mehr Informationen unter: gornergrat.ch

Brig – prächtiges Tor zum Süden

Das Stockalperschloss in Brig, zwischen 1651 und 1671 erbaut vom Kaufmann Kaspar Stockalper am Simplonpass Richtung Italien.

In die Geschichte der Alpenregion Wallis kann man gut in der 800 Jahre alten Brig eintauchen. Am Südufer der Rhone, die hier Rotten heißt, spürt man sofort eine mediterrane Atmosphäre. Aus der verwinkelten Altstadt von Brig, Teil der Gemeinde Brig-Glis, ragt das Stockalperschloss heraus.

Im weitläufigen Innenhof fühlt man sich in die italienische Renaissance versetzt. Die mächtigen, aus Granit errichteten Türme mit vergoldeten Zwiebelhauben tragen die Namen Kaspar, Melchior und Balthasar. 

Der Kaufmann und Politiker Kaspar Stockalper (1609-1691) errichtete seine Residenz direkt am Simplonpass. Dieser entwickelte sich zu einem der wichtigsten Handelswege in Europa. Im nahe gelegenen Stockalperturm ist hinter historischen Mauern ein Boutique-Hotel sowie ein kleines Museum zur dortigen früheren Goldmine beheimatet. Das Wallis, einst römische Provinz und von wechselnden Herrschaftshäusern regiert, gehörte zuletzt zu Frankreich, bis es im Jahr 1815 ein Kanton der Schweizerischen Eidgenossenschaft wurde. 

Mehr Informationen unter: brig-simplon.ch/de

Sion – Wein und klösterliche Ruhe

Der Weinpark Les Celliers de Sion liegt am Fuß des Berges Clavau nahe Sion.

Von Brig fließt die Rohne weiter westwärts ins Zentralwallis, wo sich Landschaft, Kultur und Sprache verändern. Weinberge und fruchtbare Seitentäler umgeben die französischsprachige Kantons-Hauptstadt Sion (deutsch: Sitten) auf. Sie ist geprägt von zwei Burgbergen. Auf einem Hügel steht die Basilika von Valeria. Am Getreidemarkt herrscht mittags eine Atmosphäre wie in einem alten französischen Städtchen. 

Am Weinberg Clavau fällt ein Gebäude ins Auge, auf dem die Sonne eigenwillig reflektiert. "Die Edelstahlplatten wurden aus alten Stahltanks geschnitten und dann wie die typischen Trockensteinmauern in den Walliser Weinbergen zusammengefügt", erklärt Pascal Varone, Architekt des Gebäudes. 

Die im Jahr 515 gegründeten Abtei Saint-Maurice, dem ältesten, ununterbrochen bewohnten Kloster des Abendlandes.

Die Familien Varone und Bonvin haben sich zu Les Celliers de Sion zusammengeschlossen. In einer Glaswand ihres futuristisch anmutenden Önoparks spiegelt sich ein Weinberg, auf denen Sorten wie Fendant und Cornalin in einem sonnenverwöhnten Klima wachsen. 

Das Wallis ist die größte Weinregion der Schweiz. Seit 1500 Jahren bauen die Augustiner-Chorherren in Saint-Maurice bereits Wein an. Genauso alt ist die Abtei, die hier zu Ehren des christlichen Märtyrers Mauritius im 3. Jahrhundert errichtet wurde. Der Klostergarten ist eine Oase biblischer Ruhe.

Leuk und Leukerbad – reiche Quellen

Das mittelalterliche Bischofsschloss von Leuk. Der Schweizer Architekt Mario Botta entwarf eine neue Glaskuppel.

In einem anderen Walliser Tal tritt die Vergangenheit in einen Dialog mit der Gegenwart. Als neue Krone für das 1254 erbaute Bischofsschloß der Stadt Leuk schuf Star-Architekt Mario Botta eine Glaskuppel, die inmitten mittelaltlicher Mauern eine erstaunliche Strahlkraft besitzt. Der Turm ist ein Atelier für zeitgenössische Kunst. 

Der Berg Trubelstock im Massiv zwischen den Orten Leukerbad und Albinen (Oberwallis).

Ganz in der Nähe liegt der von Wald umrankte Ort Leukerbad. Die Fassade des ehemaligen St. Laurent-Bades am Dorfplatz, heute eine Galerie, erinnert an die mondäne Ära im 18. und 19. Jahrhundert, als Schriftsteller wie Johann Wolfgang von Goethe und Mark Twain die Thermalquellen von Leukerbad rühmten. 

Gegenüber befindet sich die "Alpentherme" aus jüngerer Bauzeit. So besinnt man sich in Leukerbad heute wieder stärker auf die eigene Geschichte. Zwischen Belle Epoque-Hotels und neuen Wellnessbetrieben kann man sich ganzjährig entspannen, im heißen Wasser oder bei Aktivitäten an der frischen Luft, etwa bei einer Wanderung auf dem historischen Gemmipass. 

Mehr Informationen unter: leukerbad.ch

Albinen – Holzhäuser für die Ewigkeit

Wenige Kilometer vom belebten Leukerbad entfernt, rückt das urtümliche Walliser Landleben in bilderbuchschöner Vollendung ins Blickfeld. Albinen wirkt wie ein gepflegtes Museumsdorf, wo sich schiefe Holzbauten in engen Gassen aneinander schmiegen. Doch hier leben 240 Menschen. Severin Hermann, ein Umweltingeneur, ist gerade mit seiner Frau in ein renoviertes Haus eingezogen. Außen wird es getragen von Baumstämmen, die vor 500 Jahren in Blockbauweise zusammengeschoben wurden. 

In einem Stadl, geschwärzt von der Sonne, wird die Geschichte des Ortes dokumentiert. Albinen ist zum Vorbild für den Erhalt Walliser Dörfer geworden. Hier sind wieder junge Familien zuhause, Severins Vater Franziskus, ein Lehrer, engagiert sich im Verein "Altes Albinen" für den Erhalt des Kulturerbes.

Martigny – Kunst mit Bergpanorama

Im französischsprachigen Städtchen Martigny bewegt man sich in der Frühzeit des Wallis. Ein Amphietheater zeugt von der römischen Besatzungszeit. Auf den Überresten eines Tempels steht seit 1978 eine abstrakt geformte Betonstätte – die Foundation Pierre Gianadda. Der Bauunternehmer Léonard Gianadda wollte dort ein Mietshaus errichten. Nachdem römische Bodenschätze ans Licht kamen, entschied er um. Unter dem Dach der Foundation, gewidmet seinem verunglückten Bruder, verband er ein Gallo-Römisches Museum mit einer Ausstellungsfläche. 

Hochkarätige Schauen von Chagall bis Turner haben die private Einrichtung zu einem der bestbesuchten Kulturhäuser der Schweiz gemacht. Was den Ort besonders macht, ist der Park, wo sich Skulpturen der Moderne zwischen knorrigen Bäumen verstecken, die "Liegende" von Henry Moore oder den bronzenen "Daumen" von César. Man fühlt sich der Kunst sehr nah, nicht eingeengt von einem Museumsdach. Der freie Blick geht in einen strahlend blauen Alpenhimmel. 

Mehr Informationen unter: martigny.ch

Region Dents du Midi – reines Alpenglück

Anziehungspunkt im Unterwallis: Champéry in der Region Dents du Midi.

Nordwestlich von Martigny liegt die aus sechs charmanten Dörfern bestehende Region Dents du Midi. Der bekannteste Ort inmitten des Outdoorparadies Portes du Soleil im Unterwallis ist Champéry, eines der ältesten touristischen Ziele der Schweiz mit hervorragender Wintersport-Infrastruktur. Doch auch im Sommer bietet sich diese Landschaft im Unterwallis für unterschiedliche Aktivitäten an – vom Mountainbiken bis Gipfelwanderungen. 

Das Hotel Plein Ciel: traumhafte Aussicht auf die Bergkette Dents du Midi.

Das zeigt sich auf der Terrasse des in 1800 Meter liegenden Hotels Plein Ciel, einer umgebauten und um einen Wellnessbereich erweiterten Seilbahnstation. Eingebettet in eine grandiose Natur, genießt man in der Abendsonne die Aussicht auf die Bergkette Dents du Midi. Das einzige Geräusch, was hier oben in majestätischer Ruhe zu vernehmen ist: langsam verstummende Kuhglocken. 

Mehr Informationen unter: regiondentsdumidi.ch/de

Allgemeine Informationen zur Region Wallis sowie zu Unterkünften und Aktivitäten unter: wallis.ch/shop/de