Pritzker-Preis 2023: David Chipperfield erhält Architekturpreis

Der 52. Pritzker-Preis geht an Sir David Alan Chipperfield. Seine zurückhaltende, aber elegante Architektur überzeugte die Jury, den renommierten Architekturpreis an den britischen Architekten zu verleihen. Was das Werk von David Chipperfield Architects so innovativ und besonders macht, zeigen seine wichtigsten Bauten und Projekte im Überblick. 
Text Antonia Eigel
Datum08.03.2023

Der Architekt Sir David Alan Chipperfield ist der 52. Pritzker-Preis-Träger. Der mit 100 000 US-Dollar dotierte Architekturpreis wird seit 1979 von der Hyatt Foundation verliehen und gilt als die international höchste Auszeichnung in der Architekturbranche. Die feierliche Preisverleihung findet im Mai 2023 statt.

Pritzker-Preis 2023 geht an David Chipperfield aus London

"Subtil und doch kraftvoll, zurückhaltend und doch elegant – Chipperfield ist ein Architekt, der in seiner Zurückhaltung radikal ist. Er demonstriert seine Ehrfurcht vor Geschichte und Kultur, während er die bereits existierende gebaute und natürliche Umwelt respektiert", begründet der Juryvorsitzende Alejandro Aravena die Wahl Chipperfields zum Pritzker-Preisträger 2023. "Dieses Engagement für eine Architektur, die sich durch eine unaufdringliche, aber transformative städtische Präsenz auszeichnet, und die Definition des öffentlichen Raums – auch im Rahmen privater Aufträge – erfolgt stets mit einer gewissen Strenge, die unnötige Schritte vermeidet und sich von Trends fern hält – eine äußerst wichtige Botschaft für unsere heutige Gesellschaft." 

David Chipperfield wohnt in London und London und im spanischen Corrubedo. Der 69-jährige Architekt leitet weitere Bürosstandorte in Berlin, Mailand, Shanghai und Santiago de Compostela. Die Verleihung des Pritzker-Preises 2023 wird im Mai in Athen stattfinden.  

In einem Interview mit Architektur & Wohnen sprach Chipperfield über zwei seiner neusten Museumsprojekte in Berlin und Zürich.

Seit Juli 2019 ist die von David Chipperfield entworfene James-Simon-Galerie in Berlin für Besucher geöffnet.

Architektur von David Chipperfield 

Mehr als einhundert Arbeiten von städtischen, kulturellen und akademischen Gebäuden bis hin zu Wohnhäusern zählen zum Werk von David Chipperfield Architects, das in den letzten vier Jahrzehnten entstanden Eine Auswahl der Projekte im Überblick:

  • River and Rowing Museum (Henley-on-Thames, Vereintes Königreich, 1997)
  • BBC Scotland headquarters (Glasgow, Vereintes Königreich, 2007)
  • Turner Contemporary (Margate, Vereintes Königreich, 2011)
  • Campus Saint Louis Art Museum (Missouri, Vereintes Königreich, 2013)
  • Campus Joachimstraße (Berlin, Deutschland, 2013)
  • Museo Jumex (Mexico City, Mexico, 2013)
  • One Pancras Square (London, Vereintes Königreich, 2013)
  • Royal Academy of Arts masterplan (London, Vereintes Königreich, 2018)
  • Hoxton Press (London, Vereintes Königreich, 2018) and Kunsthaus Zürich (Zürich,2020)
  • Sanierung Neue Nationalgalerie (Berlin, 2021)

Eine Übersicht über angefangene sowie abgeschlossene Projekte bietet die Website des Architekten davidchipperfield.com.

David Chipperfield in Berlin: James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel

Zu einem seiner jüngeren Projekte zählt die James-Simon-Galerie in Berlin, die 2018 am Kupfergraben fertiggestellt wurde. Der Neubau dient als Tor zur Museumsinsel, wo sich auch das Neue Museum Berlin befindet. David Chipperfields Wiederaufbau des Neuen Museums  gilt nicht nur in Fachkreisen als wegweisend. 

Die beherrschenden, aber zurückhaltende Kolonnaden der James-Simon-Galerie umschließen eine Terrasse. Eine breite, weitläufige Treppe und eine Vielzahl von Freiflächen lassen viel Licht in den großen Eingangsbereich des Gebäudes.

Der Entwurf der James-Simon Galerie ermöglicht großzügige Ausblicke von innen und außen und bis zu den angrenzenden Gebäuden der umgebenden Stadtlandschaft.

David Chipperfield in Venedig: Procuratie Vecchie

Die Procuratie Vecchie (alte Prokuratien) waren bis Mitte des 16. Jahrhunderts Amts- und Wohnsitz der Prokuratoren (städtische Beamte) von San Marco in Venedig. Die über 500 Jahre alten Verwaltungsgebäude blieben der Bürgerschaft und Gästen Venedigs bislang verschlossen. David Chipperfield Architects definieren 2022 mit der Restaurierung und Neuerfindung die Funktion der Procuratie Vecchie im Herzen der Stadt neu und ermöglichen erstmals den öffentlichen Zugang.

Das Büro David Chipperfield Architects Mailand berücksichtigte bei der Restaurierung der Procuratie Vecchie die Historie des Gebäudes. Hier zu sehen: Der Blick auf die Verbindungsbögen im dritten Stock.

Chipperfield folgt der Überzeugung, dass Architektur und Handwerk miteinander verbunden sind, weshalb er sich bei der Sanierung der Procuratie Vecchie an traditionelle Handwerksbetriebe wandte. Diese arbeiteten die originalen Fresken, Terrazzo- und traditionellen, venezianischen Pastelloneböden (natürliche und atmungsaktive, fugenlose Kalkböden) und Putzarbeiten wieder so auf, dass der historische Kern der Gebäude in Teilen wieder hergestellt werden konnte. Um zum Ziel zu kommen, wurden auch lokale Handwerks- und Bautechniken mit einbezogen.

Das restaurierte Gebäude gibt nun den Blick frei auf Dachterrassen, Ausstellungs- und Veranstaltungsräume, ein Auditorium und eine Reihe von Bögen, die in Galerien münden.

Mehr zur Restaurierung der Prokuratien gibt es auch in der AW Architektur & Wohnen, Ausgabe 07/2023 nachzulesen. Hier Einzelheft bestellen!

Die neuen Arkaden des "La Félicité", ehemals Morland Mixité Capitale, leiten die Passanten zum Campus in das Innere des Komplexes.

David Chipperfield in Paris: Morland Mixité Capitale

Die ehemalige "Préfecture de Paris" liegt am Boulevard Morland im vierten Arrondissement von Paris, direkt am Ufer der Seine. Das Gebäude beherbergte ursprünglich die Stadtverwaltung und wurde 1960 nach Plänen des Architekten Albert Laprade fertiggestellt. Der Komplex bestand zunächst aus einem 16-geschossigem Gebäude und zwei 9-geschossigen Flügeln. Als Ensemble bilden sie einen Platz, der sich zum Boulevard hin öffnete. Dieser wirkte aufgrund des sich wiederholenden Fassadenrasters allerdings verschlossen und leblos.

Im Rahmen der Ausschreibung "Réinventer Paris" sollten interdisziplinäre Teams, bestehend aus Architekt:innen, Projektentwickler:innen, Landschaftsarchitekt:innen und Künstler:innen, neue Konzepte für insgesamt 23 Standorte erarbeiten. David Chipperfield Architects Berlin und der französische Bauträger Emerige konnten die Ausschreibung für den Komplex am Boulevard Morland für sich entscheiden. 

Das Projekt "Morland Mixité Capitale" wurde von David Chapperfield Architects Berlin in Zusammenarbeit mit Calq Architecture realisisiert und 2022 fertiggestellt.

Im Zuge der Restaurierung wurde das ehemalige "Morland Mixité Mortale" geöffnet und in seinem städtischen Umfeld neu integriert. David Chipperfield verwandelte den introvertierten Gebäudekomplex in einen lebendigen und offenen Ort mit Campus-Charakter – mit Erfolg. Aus gutem Grund wurde das neue "Morland Mixité Capitale" am Eröffnungstag in "La Félicité" umbenannt.  

Zwei neue, dem Boulevard und der Seine zugewandte Neubauten tragen jetzt zur Instandsetzung der Stadt bei. Die Baukörper sind angehoben, um eine neue öffentliche Achse zu schaffen, die einen Übergang vom Boulevard zur Seine bildet. Tragende, gewölbte Arkaden prägen diese Passage im Erdgeschoss und bilden einen Gegenpol zum strengen Stützenraster des bestehenden Ensembles. 

Architekt:in Pritzker-Preis