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Frostiges Feuerwerk: Prärie-Pflanzen im Winter

Text Jutta Christoph
Datum09.02.2021
©Marianne Majerus

Frost steht dem Sussex Präriegarten extrem gut. Dann bezaubert er mit kühlen Eisblumen und gräsernen Fackeln in Kupferrot. Die britischen Gartendesigner haben das winterliche Schauspiel bewusst inszeniert.

Welche Pflanzen sehen besonders spektakulär aus, wenn sie absterben? Mit dieser Frage startet wohl eher selten der Entwurf eines neuen Gartenreichs. Was für Laien zunächst abwegig klingt, war für die Landschaftsgärtner Pauline und Paul McBride ein zentraler Ansatz. Sie planten den Garten für ihr Anwesen in Südengland rückwärts – vom Ende der Saison im Winter zum Pflanzbeginn im Frühjahr. Das Ergebnis? Bezaubernd!

"Von Piet Oudolf lernten wir, dass ein naturalistischer Garten das ganze Jahr über spektakulär ist."
PAULINE McBRIDE

Winterliche Farbpalette

Wenn sich der Winter über den „Sussex Prairie Garden“ in der südenglischen Grafschaft legt, hüllt er die Stauden und Gräser in sein frostiges Gewand. Hunderte von Eiströpfchen sitzen auf den Blättern und Blütenköpfen von Veronicastrum virginicum ‘Frühlingstau’ und dem Purpur-Sonnenhut (Echinacea purpurea). 

Der Garten gleicht jetzt einem Eisreich, in dem sich kühle Blautöne mit leuchtendem Gold und Bronze mischen. Damit sich die dekorativen Gräser im Winter in voller Farbpracht zeigen, darf der Gärtner sie im Herbst nicht zurückschneiden. 

Der Verfall der Pflanzen ist ein wichtiges Gestaltungselement im Wintergarten, besonders ausdrucksstark wirken Stauden mit skulpturalen Samenköpfen wie das Russel-Brandkraut (Phlomis russeliana) mit seiner Kandelaberform, drüsenlose Kugeldisteln (Echinops exaltatus) oder "Frühlingstau" (Veronicastrum virginicum).

Die Idee, einen ganzjährigen Landschaftsgarten auf der Familienfarm in Sussex anzulegen, brachte das Gartendesignerpaar Pauline und Paul McBride aus Luxemburg mit. Dort gärtnerten sie zwölf Jahre in einem privaten Anwesen, zeitweise Seite an Seite mit dem bekannten Landschaftsgärtner Piet Oudolf. Der Niederländer gilt als Pionier des „Neuen Naturalismus“, er setzt in seinen Gärten bevorzugt Gräser und Stauden ein und legt großen Wert auf abgestimmte Farben. 

Auch für Pauline und Paul McBride hatte die Auswahl der richtigen Pflanzen für ihren 2009 eröffneten Sussex Präriegarten höchste Priorität. Über 600 Pflanzenarten stellten sie für das sechs Hektar große Gelände zusammen und ordneten sie nach Blütezeit, Blüten- und Blattformen sowie Höhe und Farbe. Nur robuste Sorten schafften es in die engere Auswahl. „Wir konzentrierten uns auf Pflanzen im Präriestil, die größtenteils aus Nordamerika stammen“, erzählt Pauline McBride. 

Die Pflanzen für den Garten entstanden aus Saatgut, Teilungen sowie Stecklingen von Pflanzen, die das Paar in Luxemburg in seiner eigenen Gärtnerei hatte. Andere brachten sie von Reisen mit oder kauften sie in Piet Oudolfs Gärtnerei und seinem Garten in Hummelo. Für den ersten Pflanzplan gruben sie 30 000 Pflanzen ein.

Naturalistisches Gartendesign

Für Pauline und Paul McBride stand von Anfang an fest, dass sie ihren Präriegarten offen und naturalistisch gestalten. „In Sussex gibt es einige sehr schöne formal angelegte Gärten, wir wollten bewusst etwas Wildes schaffen“, erzählt Pauline McBride.

Um Besucher ganz nah an die Blüten und Gräser heranzuführen, legte das Paar durch die großen Staudenbeete Wege an. „Es stimmt, dass unser Garten allein durch seine Größe wirkt“, sagt Pauline McBride. Doch auch auf kleineren Flächen, sagt sie überzeugt, lasse sich mit dem richtigen Mix aus Stauden und Gräsern ein interessanter Präriegarten kreieren. 

Sie empfiehlt, Gruppen von sieben bis neun Blütenpflanzen der gleichen Art zusammen zu setzen und sie mit unterschiedlichen Gräsern zu kombinieren. „Gräser bringen Spontaneität und Wildheit in jedes Staudenbeet. Und da sie nicht anspruchsvoll sind, können sie auch mit wenig Wasser überleben“, sagt die erfahrene Gärtnerin.

"Im Winter sind die Pflanzen bis zum Skelett abgebaut, und man sieht ihre wahre Struktur."
PAULINE McBRIDE

Flammen in Sussex

„Besonders im Winter können wir gut Hilfe gebrauchen“, erzählt Paul McBride. Die Pflanzen müssen der Reihe nach ausgegraben, gesplittet und geteilt werden. Schrittweise wird der Garten so erneuert – fünf Jahre dauert es, jede Pflanze einmal dranzunehmen. Der Höhepunkt der winterlichen Arbeiten findet Mitte Februar statt. Bevor die ersten Stauden und Gräser im Frühjahr neu ausschlagen, müssen die verblühten Pflanzen vom Vorjahr entfernt werden. 

Und das geht schnell und effektiv mit einem Gasbrenner. Zuerst werden um die Beete herum Gräben angelegt, damit das Feuer nicht auf die Hecken überspringt. Dann entflammt Paul McBride mit dem Gasbrenner den ersten trockenen Büschel vom Chinaschilf, und die ganze Reihe brennt innerhalb von Minuten ab.

Da sich das Feuer rasch durch die Beete frisst, staut sich die Hitze nicht lange an einem Punkt. In einem halben Tag ist der Garten gereinigt. „Durch das Verbrennen entsteht Asche und damit Kali, das ist ausreichend Dünger für das gesamte Gartenjahr“, so Paul McBride.

Zauberhafte Winterruhe

Die Wurzeln der winterharten Stauden im Sussex Präriegarten ziehen sich während der kalten Monate unter der Erde zurück, bevor sie im Frühjahr wieder austreiben. Und auch Pauline und Paul McBride genießen die stille Zeit, um sich nach der anstrengenden offenen Saison zu sammeln und auszuruhen.

Noch bis Juni bleibt der Präriegarten geschlossen, der schwere Lehmboden von Sussex macht es Besuchern ohnehin schwer, den Garten im Winter zu betreten. „Eigentlich schade, keine Gäste zu empfangen“, findet Pauline McBride. „Denn tatsächlich ist der Garten gerade jetzt von märchenhafter Schönheit.“ 

Kontakt: sussexprairies.co.uk