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Sehenswert: Botanische Gärten

Ob einheimische oder exotische Pflanzenarten, strenge Wissenschaft oder interessanter Vegetationsmix – botanische Gärten sind unter unterschiedlichsten klimatischen Bedingungen entstanden. Ein neuer Bildband aus dem Midas Verlag stellt beeindruckende Oasen rund um den Globus vor. 
Text Alexandra Maschewski
Datum18.12.2024

Wir zeigen drei Highlights aus dem Buch Botanische Gärten der Welt: Geschichte, Kultur, Bedeutung von Deborah Trentham, erschienen im Midas Verlag. 

Tresco Abbey Garden

Im Tresco Abbey Garden folgen die Jahreszeiten ihrem eigenen Rhythmus. Bankier Augustus Smith schuf auf einer der wenigen bewohnten Scilly- Inseln vor der Küste Cornwalls ein malerisches Gartenparadies. Die üppige botanische Vielfalt auf dem Eiland versetzt noch heute in Staunen.

Subtropisches Klima: Auf magerem Boden gedeihen sowohl maritime als auch mediterrane Pflanzen. Zu verdanken ist dies dem Mikroklima und der Gestaltung des Gartens, der bis zu zehn Wochen ohne künstliche Bewässerung auskommt

„Ein ganzjähriges Kew ohne Glas“ – der Tresco Abbey Garden 45 Kilometer vor der Küste Cornwalls im unerwarteten Türkis der Keltischen See gelegen, wird mit Vorliebe auf diese Weise beschrieben. Tatsächlich nahm im 19. Jahrhundert ein Wettstreit seinen Anfang, und zwar zwischen dem ab 1834 angelegten subtropischen Inselparadies inmitten des Golfstroms und der Londoner Vorzeigesammlung, die als der größte botanische Garten der Welt gilt. Am Neujahrstag wurde eifrig die Anzahl der blühenden Arten ermittelt. Auf der nur dünn besiedelten Scilly-Insel Tresco, wo der Brauch weiterhin gepflegt wird, ist man noch heute stolz auf Ergebnisse, die zumeist um die 300 liegen.

Oase im Golfstrom 

Dass heute rund 20 000 Pflanzen aus mehr als 80 Ländern auf einem der nur fünf bewohnten Eilande der Inselgruppe heimisch sind, ist dem Bankier Augustus Smith zu verdanken. Er pachtete Tresco vom Herzogtum Cornwall. Neben den Überresten einer Benediktinerabtei aus dem 10. Jahrhundert ließ er sein Haus errichten und das Gelände terrassieren. Rund um die malerische Ruine begann ein Gartenparadies Gestalt anzunehmen, das von seinem reiselustigen Nachfahren Arthur Dorrien-Smith noch um mehr als 2000 Arten erweitert wurde. Da man sich intensiv mit der Beschaffenheit des Geländes, des Bodens und den Wetterkapriolen auseinandersetzte, wurden die rund sieben Hektar auf eine Weise angelegt, die dazu bestimmt ist, der exponierten Meerlage zu trotzen. Dennoch zerstörten ab Ende der 1980er-Jahre extreme Stürme einen Großteil des Gartens, sodass er von Grund auf neu gestaltet werden musste.

Mutter Erde: Die Statue von Gaia, Göttin der Erde, wurde 1989 von David Wynne geschaffen. Im mediterranen Garten ist sie umgeben von verschiedenen Dickblattgewächsen

Trouvaillen aus der ganzen Welt

Charakteristisch sind die Flammenbäume, deren Blüten weithin sichtbar aufsehenerregend rot leuchten. Banksien aus Australien, Silberbäume aus Südafrika und Riesengänsediesteln von den Kanaren fühlen sich ebenso wohl wie mehr als 100 Kamelienvarietäten. Nicht botanische Rarität ist die Smithsche Sammlung von mehr als 30 Galionsfiguren. Sie alle stammen von Schiffen, die vor den felsigen Scillys gesunken sind. www.tresco.co.uk.

Garten Palácio de Monserrate

Ein britischer Millionär schuf mit Expertenhilfe ein wildes Gartenparadies, das im 19. Jahrhundert seinesgleichen suchte: Parque de Monserrate in der portugiesischen Kulturlandschaft Sintra 

Wildwuchs: Die von Cook entworfene falsche Ruine ging aus der kleinen Kirche hervor, die einer der Vorbesitzer errichtet hatte, um die ursprüngliche Kapelle zu Ehren der Lieben Frau von Monserrate zu ersetzen. Das Gemäuer ist fest mit einem australischen Kautschukbaum verschmolzen

Es mag nicht ganz gerecht sein, dass der Blick im Parque de Monserrate nicht zuerst auf der wildwüchsigen Pflanzenpracht verweilt. Auf den Stechpalmen, den Erdbeerbäumen, den Kamelien oder den Korkeichen. Doch der Palácio de Monserrate, den der englische Architekt James T. Knowles ab 1856 für Sir Francis Cook erbaute, hat seit jeher ungeniert die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Gotische, arabische und indische Stilelemente nonchalant vereinend, thront er an einem Hang des Sintra Gebirges, welches mit der umliegenden Landschaft auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes steht.

Botanische Weltreise

Als der englische Textilmillionär Sir Francis Cook sich entschied, in der Nähe von Lissabon eine Sommerresidenz errichten zulassen, waren das be-stehende Haus und der Garten verfallen. Es ist dem Landschaftsarchitekten William Stockdale, dem Botaniker William Neville und dem Chefgärtner James Burt zu verdanken, dass sich das Areal bald mit Exoten aus der ganzen Welt füllte. Tatsächlich bemerkte Gartenhistoriker Gerald Luckhurst, der seit den 1980er-Jahren für die Restaurierung zuständig ist, einmal, dass Monserrate in Sachen Pflanzenvielfalt beispiellos in Europa war – mit Ausnahme der Kew Gardens in London, mit denen Austausch bestand. Heute sollen es 2500 Spezies sein, die neben der Kirchenruine, Wasserfällen und in verwunschenen Tälern entdecken kann, wer das steinige Terrain durchwandert. www.parquesdesintra.pt.

Wunderbare Aussicht: Zentrales Element des Gartens ist das Belvedere im regionalen Stil, von dem aus Málaga betrachtet werden kann

Garten Jardín Botánico-Histórico La Concepción

Uralte Bäume und duftende Kletterpflanzen gedeihen im Jardín Botánico-Histórico La Concepción oberhalb von Málaga. Im Zentrum liegt ein Familienanwesen, dessen Blütezeit Mitte des 19. Jahrhunderts begann

Der Weg als Ziel: Wo Lustwandeln Verlaufen bedeuten könnte, steht die botanische Abenteuerlust im Vordergrund. Als Belohnung warten Palmen, Wüstenpflanzen und riesige Strelitzien

Gut möglich, dass man vom Weg abkommt im Jardín Botánico-Histórico La Concepción. Erst seit 30 Jahren ist der verwunschene Garten mit Wald- und Aussichtsroute, mit Wasserfällen, Teichen und einer Laube, die von Mai ab von betörend duftenden Wisterien umrankt wird, überhaupt für die Öffentlichkeit zugänglich. Das Anwesen nördlich von Málaga gehörte einst dem Marquis und der Marquise de Casa Loring, die auch die Gestalt der Außenanlage beeinflussten. Inspiriert hatten das Paar die Parks, die sie während ihrer Flitterwochen in Frankreich, Deutschland und der Schweiz besucht hatten.

Weit gereiste Pflanzenvielfalt

Zum subtropischen, dschungelähnlichen Garten gehörten schon damals Palmen – eine der eindrucksvollsten ist eine 3,50 Meter hohe chilenische Honigpalme, deren Art ein Jahrtausend zu überdauern vermag. Um weit gereiste Pflanzen wie Ananas oder Kaffee zu akklimatisieren, ließen die Lorings Gewächshäuser errichten. Anfang des 20. Jahrhunderts exportierte La Concepción sogar Früchte aus dem eigenen Zitrushain nach England: einzeln in Papier verpackt und versehen mit dem Wappen des Gartens. Noch heute eindrucksvoll ist das Museo Loringiano, das vom deutschen Architekten Wilhelm Strack im dorischen Stil erbaut wurde, um antike Artefakte zu beherbergen. Die wichtigsten Fundstücke sind mittlerweile in großen spanischen Museen zu Hause. Von 1911 bis 1963 war La Concepción im Besitz der Familie Echevarría, die Gartengebäude wie das zentrale Belvedere mit Kuppel ergänzte. Seit 1990 ist die Stadt Málaga Eigentümerin der Anlage. In der Weihnachtszeit, wenn sie zur Veranstaltung „Las Luces del Botánico“ lädt, illuminieren Lichterketten die schmiedeeiserne Wisteria-Laube, unter der schon die Lorings feierten. Mehr Informationen auf www.laconcepcion.malaga.eu

Botanische Gärten der Welt: Geschichte, Kultur, Bedeutung
Deborah Trentham, Midas Verlag, 264 Seiten, 34 €

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