Inspirator und Stilikone: Dieter Rams wird 90
Dieter Rams gilt als wohl bekanntester Industriedesigner der Welt. Seine ikonischen Entwürfe – vor allem für Braun – dienten vielen Gestaltern als Inspiration. Am 20. Mai 2022 feiert Rams seinen 90. Geburtstag
Dieter Rams setzte mit seinem Design auf Beruhigung, auf Gegenstände, die sich nicht aufspielten, sondern nützlich waren – auch dadurch, dass sie einer nachvollziehbaren inneren Ordnung folgten. Die Ulmer Designtheoretikerin Gerda Müller-Krauspe nannte „sein Durchsetzungsvermögen und sein Qualitätsbewusstsein“ als die wesentlichen Eigenschaften dieses stilprägenden Industriedesigners.
Der Taschenrechner „ET 66“ (Braun, 1987) gilt noch immer als richtungsweisendes Produkt. Er diente Steve Jobs und Jonathan Ive als visuelle Inspiration für das iPhone von Apple.
Der komplexe Weltempfänger „T 1000“ (Braun, 1963) erklärt sich beinahe von selbst. Segler nutzten ihn damals zur Navigation, denn GPS gab es noch nicht. Rams entwarf daher als Zubehör ein Peilkreuz mit Adapter. Knöpfe, Schalter und Typografie elegant anzuordnen, war für ihn eine Selbstverständlichkeit.
Die Geräte von Dieter Rams, wie das Radio „RT 20“ (Braun, 1961) sind in ihren Proportionen, der Materialwahl, Konstruktion und gesamten Erscheinung zurückhaltend und nüchtern – das war neu in der Nachkriegsära.
Mit „TP1“ (Braun, 1969), einer kompakten Kombination aus Radio und Plattenspieler für 45er-Schallplatten, machte Dieter Rams mit kleinen Kästen das Musikhören mobil. So schuf er bereits Ende der Fünfzigerjahre er einen Vorläufer von Walkman und iPod.
Der dänische Möbelhändler Niels Wiese Vitsoe stieß 1957 zur Möbelfirma von Otto Zapf, die er später übernahm. Rams’ Montagesystem von 1957 kombinierte furnierte Tischlerplatten mit gelochten Aluleisten. Es kam 1959 auf den Markt und wird heute von Mark Adams in einer angepassten Form als Regalsystem „606“ vermarktet.
Zu dem Programm von Vitsoe zählen auch der Beistelltisch „621“ und das Sesselprogramm „620“, die Rams in den Sechzigerjahren schuf. Stets hat sich der Designer auf das Wesentliche konzentriert und auf Langlebigkeit gesetzt.
In den Siebzigerjahren formulierte Dieter Rams „10 Thesen für gutes Design“, die heute zwar von vielen begrüßt, aber von wenigen ernst genommen werden. So ist längst üblich, dass Materialien über tatsächliche Eigenschaften hinwegtäuschen. Anders bei Rams. In seiner sechsten These heißt es: „Gutes Design ist ehrlich. Es lässt ein Produkt nicht innovativer, leistungsfähiger, wertvoller erscheinen, als es in Wirklichkeit ist. Es versucht nicht, den Verbraucher durch Versprechen zu manipulieren, die es nicht halten kann.“