
Die Welt als Ausstellung – Ein Streifzug durch die Expo in Osaka 2025
Vom 13. April bis zum 13. Oktober 2025 wird die künstlich aufgeschüttete Insel Yumeshima in der Bucht von Osaka zur Bühne für eine der ambitioniertesten Weltausstellungen der jüngeren Geschichte. Unter dem Leitthema „Designing Future Society for Our Lives“ versammelt sich hier die internationale Gemeinschaft, um gemeinsam Antworten auf die drängendsten Fragen unserer Zeit zu finden – architektonisch, technologisch, kulturell.
Osaka 2025: Eine Stadt als Bühne der Welt
Mit über 150 teilnehmenden Nationen und Organisationen verspricht die Expo 2025 ein ästhetisches Manifest für eine mögliche Zukunft.
Von London nach Osaka: Die Geschichte der Weltausstellungen
Die Geschichte der Weltausstellungen beginnt 1851 mit der legendären „Great Exhibition“ im Londoner Kristallpalast – ein Meilenstein in der Verbindung von Technik, Design und öffentlichem Staunen. Seitdem dienen die Expos als temporäre Treffpunkte der Welt, in denen Fortschritt, Gesellschaft und Ästhetik in gebaute, begehbare Visionen übersetzt werden. Von Paris 1889 mit dem Eiffelturm als Exponat, bis hin zu Shanghai 2010, bei der Nachhaltigkeit erstmals zentrales Thema war – jede Expo schreibt ein Kapitel globaler Selbstreflexion. Die Weltausstellung findet alle fünf Jahre statt und wird vom Bureau International des Expositions (BIE) mit Sitz in Paris organisiert. Das BIE ist auch dafür zuständig, den Austragungsort festzulegen. Die Entscheidung erfolgt durch eine Abstimmung der Mitgliedstaaten, oft Jahre im Voraus. Osaka war bereits 1970 Schauplatz einer Weltausstellung – der ersten in Asien. Damals wie heute verkörperte die Stadt Japans Innovationsgeist – zwischen High-Tech und traditioneller Handwerkskunst. Die Wahl für 2025 fiel erneut auf Osaka, weil die Region nicht nur wirtschaftlich, sondern auch städtebaulich den Idealraum bietet: Yumeshima – eine künstlich geschaffene Insel, die als urbanes Laboratorium mit freier Fläche, Hafenanbindung und symbolischem Weitblick die passende Bühne für eine globale Zukunftsschau bietet. Deutschland ist seit jeher ein engagierter Teilnehmer der Expos und hat sich mit visionären Pavillons – von Frei Ottos Leichtbau-Architektur 1967 in Montreal bis zur grünen Vertikalskulptur in Dubai 2020 – einen Ruf als Innovationsmotor erworben. Die nächste Weltausstellung wird 2030 in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens, stattfinden.
Architektur als Dialog: Die Highlights der Expo 2025
1. Der „Grand Roof“ von Sou Fujimoto: Ein Ring für die Menschheit



Die spektakulärste bauliche Geste der Expo stammt vom japanischen Stararchitekten Sou Fujimoto: Ein riesiger, 700 Meter durchmessender Holzring – „Grand Roof“ genannt – schwebt wie ein futuristisches Halo über dem Gelände. Das begehbare Dach ist nicht nur architektonisches Zentrum, sondern auch ein Symbol für Kreislaufdenken, Offenheit und Verbindung. Unterhalb des Rings befinden sich die einzelnen Pavillons, eingebettet in eine organisch geplante Landschaft aus Wasserläufen, Gärten und Plätzen.
2. Der Deutsche Pavillon: Kreislaufwirtschaft als architektonisches Konzept



Das Berliner Architekturbüro LAVA entwarf ein visionäres Gebäude aus modularen, vollständig recycelbaren Materialien. Hier wird Kreislaufwirtschaft nicht nur erklärt, sondern gebaut und gelebt. Der Innenraum fungiert als „Flow Space“, der die Besucher mitnimmt auf eine Reise durch technologische, soziale und ökologische Innovationen – mit interaktiven Installationen, immersiven Klangwelten und digitalen Begleitfiguren.
3. Der Wundergarten: Ein grünes Paradies für die Zukunft



Eines der bemerkenswertesten Highlights der Expo 2025 ist der sogenannte „Wundergarten“, der im Pavillon von Singapur zu finden sein wird. Dieser Pavillon setzt auf eine einzigartige Kombination aus Natur, Technologie und Innovation. Der „Wundergarten“ ist nicht nur eine florale Ausstellung, sondern ein interaktiver Raum, der den Besuchern ermöglicht, die Verbindung zwischen Pflanzen, Mensch und Technologie auf eine neue Art zu erleben. Der Garten ist mit fortschrittlicher Technologie ausgestattet, die es den Pflanzen ermöglicht, in Echtzeit mit den Besuchern zu kommunizieren. So werden die Besucher durch Sensoren und digitale Displays auf die Bedürfnisse und den Zustand der Pflanzen aufmerksam gemacht. Ziel dieses Projekts ist es, das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und die Rolle der Natur in unserer zukünftigen Lebensweise zu schärfen.
4. Der Ukraine-Pavillon: Architektur als politisches Statement

Der ukrainische Pavillon auf der Expo 2025 in Osaka ist kein Ort des Konsums – sondern ein klares politisches Statement. Im Zentrum steht ein „Shop“, der keiner ist: Regale, Verpackungen, Preisschilder – doch zu kaufen gibt es nichts. Stattdessen prangt über allem die Botschaft „Not for Sale“. Dieser inszenierte Leerraum steht für die Unverkäuflichkeit ukrainischer Identität, Kultur und Souveränität. Die Inszenierung spielt bewusst mit Expo-Erwartungen und kehrt sie um: Kein Fortschritt zum Anfassen, sondern Haltung zum Nachdenken. Auch architektonisch bleibt der Pavillon zurückhaltend. Der Fokus liegt auf der Idee, nicht auf der Form. Die Ukraine nutzt ihren Auftritt, um nicht ihre Produkte zu zeigen – sondern ihre Prinzipien.
5. Das längste Sushi-Förderband der Welt

Japan wäre nicht Japan, ohne kulinarische Kultur auch als ästhetisches Ereignis zu inszenieren. Der japanische Pavillon wird ein automatisiertes Sushi-Restaurant mit dem längsten Sushi-Förderband der Welt präsentieren. Mit 135 Metern Länge stellt es einen Weltrekord auf. Der Pavillon vereint Erlebnisgastronomie, Robotics und Design, wobei KI-gesteuerte Küchenmodule personalisierte Sushi-Erlebnisse ermöglichen. Nachhaltigkeit spielt eine zentrale Rolle: Das Restaurant fördert nachhaltige Fischerei, und die Architektur nutzt umweltfreundliche Materialien, wie Gips aus recycelten Muschelgehäusen. Dieses Exponat bietet einen faszinierenden Ausblick auf die Zukunft der Ernährung.
Die Expo als Ideenlabor: Warum wir eine Zukunftsausstellung brauchen
In einer Zeit multipler Krisen – Klimawandel, soziale Ungleichheit, digitale Transformation – ist der Bedarf nach einem kollektiven Nachdenken über die Zukunft größer denn je. Die Expo 2025 positioniert sich genau hier: als Denk- und Erfahrungsraum, in dem globale Fragen nicht theoretisch diskutiert, sondern sinnlich erfahrbar gemacht werden. Sie will nicht bloß informieren, sondern emotionalisieren – durch Architektur, interaktive Erlebnisse und visuelle Kraft. Dabei ist der Expo-Gedanke mehr als ein temporäres Festival. Sie fungiert als Prototyp einer zukunftsfähigen Stadtgesellschaft: Wie können wir zusammenleben? Wie sieht Gesundheitsversorgung von morgen aus? Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz in der Bildung? Und wie lässt sich eine Kreislaufwirtschaft architektonisch denken? Die Expo will nicht Lösungen vorgeben, sondern Räume schaffen, in denen neue Ideen wachsen können. Sie ist damit ein globales Reallabor, das zeigt, was möglich ist, wenn Design, Technik und Gesellschaft gemeinsam gedacht werden.
Ausblick: Osaka 2025 ist ein Ort, an dem Visionen Form annehmen
Die Expo 2025 ist weit mehr als eine temporäre Leistungsschau der Nationen. Sie ist ein lebendiges Ideenarchiv, ein architektonischer Experimentierraum, ein kulturelles Statement. Für Gestalter:innen, Architekt:innen, Stadtplaner:innen und Vordenker:innen bietet sie eine einzigartige Gelegenheit, neue ästhetische und funktionale Ansätze in Echtzeit zu erleben, zu hinterfragen und weiterzudenken. Was Osaka so besonders macht, ist die dichte Konzentration an internationalen Perspektiven, innovativen Technologien und visionären Materialanwendungen auf einem einzigen, kuratierten Raum. Hier treffen digitale und ökologische Konzepte auf experimentelle Formsprachen, traditionelle Bauweisen auf futuristische Stadtkonzepte. Dabei geht es nicht nur darum, was gebaut wurde – sondern wie und warum. Viele der Pavillons fungieren als lebendige Prototypen, die zeigen, wie sich Nachhaltigkeit, Inklusion und kulturelle Identität gestalterisch artikulieren lassen. Besonders für das kreative und planende Milieu ist die Expo ein Ort der Erkenntnis: Welche Narrative lassen sich durch Architektur erzählen? Wie verändern sich Lebensräume durch künstliche Intelligenz, Mobilität, Modularität? Welche Rolle spielen Emotion, Licht, Klang und Partizipation in der gebauten Umgebung der Zukunft? Osaka 2025 ermöglicht es, globale Entwicklungen vor Ort zu analysieren – in realen Maßstäben, mit sinnlichen Reizen, im Dialog mit Menschen aus aller Welt. Wer gestalten will, was morgen relevant ist, findet hier den Horizont von übermorgen.